Es grenzt an Regulierungswillkür: Seit dem 1. Januar 2023 gilt eine Novelle des europäischen Umsatzsteuerrechts, wonach auch Schülerfirmen – unter anderem in Deutschland – eine Umsatzsteuererklärung abgeben und die entsprechenden Beträge abführen müssen, sofern sie unternehmerisch tätig sind. Dies trifft auf einen Großteil der Schülerfirmen zu.
Der stellvertretende Landesvorsitzende von Bündnis Deutschland in Brandenburg, Benjamin Bornschein (40), ist selbst Studienrat und somit dicht am Thema. “Seit Jahrzehnten sind Schülerfirmen fester Bestandteil der Bildungslandschaft und tragen vor Ort dazu bei, das Wirtschafts- und Finanzwesen für Schüler erlebbar zu machen. Häufig werden beispielsweise Schulessen, Schließfächer, Schulkleidung und vieles mehr durch Schülerfirmen in hoher Qualität bereitgestellt, was insbesondere zur Kompetenzentwicklung und auch zur Identifikation mit dem System Schule beiträgt“, sagt Bornschein.
Im Jahr 2022 engagierten sich bundesweit über 17.000 Schüler in über 1500 Schülerfirmen. „Selbstverständlich ist es nicht deren Ziel, die eigenen Gewinne zu maximieren und sich sozusagen eine ‘goldene Nase zu verdienen’. Genau das wird aber mit der Novelle des Gesetzes durch die Europäische Union suggeriert und die Schüler damit indirekt kriminalisiert. Gleichzeitig bleiben Schlupflöcher für Großkonzerne weiterhin bestehen, mit denen diese Milliarden an Umsatzsteuer sparen“, sagt Bornschein.
In aller Regel werden die Schülerfirmen auch von engagierten Lehrkräften in ihrer Freizeit geleitet oder unterstützt. Dass für diese nun auch die Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung und zur Abführung der entsprechenden Summen gilt, sieht die Partei als Farce. Die ordnungsgemäße Abgabe der Erklärung ist für die meisten dieser Firmen personell und fachlich sowie die Abführung der Umsatzsteuer finanziell nicht darstellbar, was heute schon zu deren Schließung führt. Der Genossenschaftsverband befürchtet zurecht, dass ‘das Überleben des Konzepts Schülerfirma in Frage gestellt ist’. So werden auf allerhöchster europäischer Ebene Bildung und praxisnahes Erwerben von grundlegenden Kompetenzen aktiv erschwert und verhindert.
Brandenburgs Landesvize fordert daher eine erneute Novelle des Umsatzsteuerrechts, mit der die Wiedereinführung des Ausnahmetatbestandes für Schülerfirmen einhergeht. „Darüber hinaus fordern wir die Rückbesinnung der europäischen Politik auf die Kernaufgaben der EU im Sinne ihrer selbstgesteckten Ziele, anstatt sich in Regulierungswut zu verlieren“, so Bornschein.