Klage vor dem Staatsgerichtshof eingereicht
Die Fraktion BÜNDNIS DEUTSCHLAND in der Bremischen Bürgerschaft (BD-Fraktion) hat Klage vor dem Staatsgerichtshof erhoben. Mit der Nutzung des Rechtsweges will die konservative Fraktion eine Regelung im Bremischen Abgeordnetengesetz kippen, die aus Sicht der Kläger zu einer Überversorgung der Bürgerschaftsabgeordneten führt.
Parlamentarier der Bremischen Bürgerschaft haben nach den Grundsätzen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Das schließt auch die Altersversorgung ein. Die BD-Fraktion hat allerdings Zweifel, ob die Höhe der ab dem 01.01.2026 in Bremen geregelten Altersversorgung für Funktionsträger wie die Präsidentin, Vizepräsidentinnen, Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertreter tatsächlich „angemessen“ ist und dem Grundsatz der Mandatsgleichheit entspricht.
Im Juni dieses Jahres hat die Bürgerschaft (Landtag) in 2. Lesung eine Reform des Bremischen Abgeordnetengesetzes (BremAbgG) beschlossen. SPD, CDU, Grüne und Linke stimmten zu, BÜNDNIS DEUTSCHLAND sowie die FDP stimmten dagegen.
Das Gesetz, das im Januar in Kraft treten soll, sieht im § 13 Absatz 2 eine Zulage zur Altersversorgung vor, mit der Funktionsträger der Bürgerschaft (Präsidentin, Vizepräsidentin, Fraktionsvorsitzende und ihre Stellvertreter) für jedes Jahr ihrer höherwertigen Tätigkeit eine weitergehende prozentuale Anrechnung erhalten: In den ersten 12 Jahren ihrer Funktionswahrnehmung beträgt diese jährlich zwei Prozent der Grundentschädigung, ab dem 13. Jahr dann 1,5 Prozent für jedes weitere Jahr in der herausgehobenen Funktion.
Dieser prozentuale „Diäten-Booster“ führt dazu, dass die Präsidentin und die Fraktionsvorsitzenden nach nur vier Jahren Parlamentstätigkeit in der Bremischen Bürgerschaft nach Erreichen der Altersgrenze einen Anspruch auf Altersentschädigung in Höhe von ca. 1.100 Euro (derzeit 6.369 Euro x 4 Prozent pro Jahr) erwerben, nach nur acht Jahren Parlamentszugehörigkeit sind es bereits 2.600 Euro. Einbezogen sind hierbei die erwartbaren durchschnittlichen jährlichen Erhöhungen der Grundentschädigung in Höhe von drei Prozent.
Darüber hinaus entfällt für die Berechnung von Zulagen für Funktionsträger in der Altersversorgung die ansonsten übliche „Deckelung“: Der gesetzlich geregelte Höchstbetrag der Altersversorgungsansprüche wird damit ausgehebelt.
Vor dem Hintergrund, dass die Durchschnittsrente von Arbeitnehmern in Deutschland nach 34 Beitragsjahren bei derzeit bei 1.600 Euro liegt, ist diese Überversorgung nach einem geringen Zeitraum der Parlamentstätigkeit unverhältnismäßig und nicht vertretbar.
In der Oktobersitzung der Bremischen Bürgerschaft beantragte die BD-Fraktion daher die Streichung des § 13 Abs. 2 BremAbgG und damit die Zulagenregelung für die Altersversorgung.
Mit Ausnahme der Antragsteller votierten alle Landtagsfraktionen sowie der AfD- Einzelabgeordnete gegen eine Streichung. Der Antrag wird dieser Pressemitteilung beigefügt.
Da der politische Mehrheits-Wille fehlt, die Altersversorgung der Parlamentarier in herausgehobenen Positionen auf ein tatsächlich angemessenes Maß zurückzuführen, hat die BD-Fraktion jetzt ein Organstreitverfahren vor dem Staatsgerichtshof angestrengt. Mit dem juristischen Vorstoß soll die Streichung des § 13 Abs. 2 BremAbgG erreicht werden.
„Die Bürgerschaftsfraktionen haben sich mit der Diätenreform einen ordentlichen Schluck aus der Parlamentspulle gegönnt. Die üppige Höhe des Ruhestandsgeldes für parlamentarische Funktionsträger ist keinem Bremer mehr erklärbar. Unsere Klage zielt darauf ab, festzustellen, dass die erhöhte Altersversorgung für Parlamentarier in besonderen Funktionen verfassungswidrig ist. Bei erfolgreicher Klage müsste die Bürgerschaft diesen Passus aus dem Abgeordnetengesetz streichen“, so Jan Timke, BD-Fraktionsvorsitzender.
Die eingereichte Klage richtet sich gegen die Bürgerschaft als Beschlussorgan des Gesetzes, vertreten durch die Präsidentin Antje Grotheer (SPD). Im Rahmen ihrer Klageschrift lehnt die BD-Fraktion zudem den Richter des Staatsgerichtshofs, Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, wegen Befangenheit in dem vorliegenden Verfahren ab. Der von 2008 bis 2022 in Bremen tätig gewesene Jura-Professor hatte in einem Meinungsartikel in der linken taz im Juni 2023 die krude Behauptung aufgestellt, BÜRGER IN WUT (BIW) sei „keine demokratische Partei“. Die BIW hat nach der Bürgerschaftswahl 2023 mit BÜNDNIS DEUTSCHLAND fusioniert.
„Wer solche absurden Aussagen trifft, lässt nicht nur Zweifel an seiner juristischen Reputation aufkommen. Vielmehr ist er aber voreingenommen gegenüber unserer berechtigten Klage vor dem Staatsgerichtshof. Daher haben wir einen Antrag auf Ausschluss von diesem Verfahren gestellt“, so Timke weiter.
Es ist nicht das erste Mal, dass die BD-Fraktion gegen den Landtag klagt. Erst im März dieses Jahres hatte die Fraktion vor dem Staatsgerichtshof obsiegt, nachdem die Präsidentin der Bürgerschaft, Antje Grotheer (SPD), dem BD-Fraktionsvorsitzenden Jan Timke in einer Bürgerschaftssitzung in rechtswidriger Weise das Wort abschnitt. Grotheer entschuldigte sich anschließend bei Timke für ihr Fehlverhalten