Positionspapier 5-23-2
Bildungsmaßnahmen
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte wiederholt betont, das Bürgergeld bedeute eine Abkehr vom Prinzip »Fördern und Fordern«. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte erklärt, ein Bürgergeld-Empfänger sei unter Umständen bessergestellt als jemand, der in seinem Job 2500,- Euro brutto verdiene. Dieser Betrag würde aber einen gesetzlichen Mindestlohn von etwa 15,24 EUR voraussetzen. Dieser beträgt derzeit 12,41 EUR.
Es geht bei der Einführung der Stufe II des Bürgergeldes gar nicht um die Frage, ob die Leistungen des gerade eingeführten Bürgergeldes zu gering oder zu hoch sind, sondern darum, dass sich Arbeit wieder lohnen bzw. dass ein selbstbestimmtes Leben durch eigene Arbeit möglich ist und dies auch im 3. Lebensabschnitt möglich ist, ohne sich vom Amt „aufstocken“ zu lassen bzw. um „Almosen“ zu bitten.
Wer erreichen will, die hier lebenden arbeitswilligen Menschen wieder in Arbeit zu integrieren, muss die Herausforderungen und die Chancen der Zeit annehmen und mit allen Möglichkeiten versuchen, dass hier verwaltete Potential dieser Menschen zu aktivieren und für den Arbeitsmarkt interessant zu machen.
Hierfür gibt es vielfältigste Möglichkeiten, die natürlich in der Regel nicht kostenlos, im Idealfall aber auch nicht umsonst sind.
Neben der beruflichen Qualifizierung, also mit Berufsabschluss, die im Rahmen von Schulungsmaßnahmen in der Regel zwei Jahre andauert (deckt den Fachkräftemangel dann erst in 2 ½ Jahren- also viel zu spät), sind auch Teilfeldqualifizierungen von wesentlich kürzer Dauer, die eher praxisorientiert oder passgenau auf die Anforderungen eines AG zugeschnitten, möglich.
Was soll jemand mit einer unterbrochenen Erwerbsbiographie von 3-4 Jahren oder länger einem Arbeitgeber anbieten? Wer würde diese Menschen, selbst wenn er einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von 100 % (Teilhabechancengesetz) für die Dauer von einem ein Jahr bekommt, einstellen? Eventuell sind hier sogar schon die Grundarbeitsfähigkeiten (Durchhaltevormögen, Pünktlichkeit, soziale Kompetenz) abhandengekommen, die jede sofortige Arbeitsaufnahme bei Arbeitgebern, denen es möglicherweise ohnehin nur um den Zuschuss geht, scheitern lassen würde.
Zahlreiche Bildungsstätten mit Kontakt zu den Arbeitgebern in den Regionen, die gleichwohl eine Übersicht über den jeweiligen Arbeitsmarkt haben, könnten ohne Probleme eine allgemeine oder eine auf den Anforderungen im Betrieb ausgerichtete Schulungsmaßnahme durchführen.
Auch sind die Fachleute der Bildungsstätten sind gefragt, um überhaupt die Schulungsfähigkeit, den Willen und das Leistungsvermögen für eine geplante Arbeitsaufnahme zu prüfen. Diese sind auch gefragt, um mögliche andere Vermittlungshemmnisse (ungeklärte Schuldenproblematik, Mobilität usw.) aufzuarbeiten. Die Unterstützung kann mit dem Begriff „Fallmanagement“ umschrieben werden.
Für diejenigen, die nicht können (gesundheitliche Gründe), müssen unverzüglich andere Wege eingeleitet werden. Für diejenigen, die nicht wollen, müssen allein schon deshalb andere Wege (u. a. wirksame Sanktionen) geprüft werden, damit die tatsächlich Hilfebedürftigen und unverschuldet in Not geratenen Bürgergeldbezieher auch als diese von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Aber die, die gezeigt haben, dass sie wieder ein selbst bestimmtes Leben führen möchten, sind auch entsprechend zu fördern.
Natürlich wird es Geld kosten, aber ist sehr gut investiertes Geld. Viel teurer wird es für die Gesellschaft und der Industrie in Deutschland, einfach nichts zu tun. Das Potential nicht auszuschöpfen und neue Menschen ins Land zu holen, kann allein nicht die Lösung sein. Aus der Statistik der Bundesanstalt für Arbeit (Tabelle 3.3 von September 2024 (Arbeitssuchende und Arbeitslose nach Staatsangehörigkeit und Berufsabschluss) ist zu entnehmen, dass von 519.741 gemeldeten Menschen aus den vorwiegenden Asylherkunftsländern 448.527 keinen Berufsabschluss vorweisen können. Vergleichbare Zahlen liegen auch für Personen aus Osteuropa (Moldau usw.) vor. Danach besitzen von 463.397 gemeldeten Personen 225579 ebenfalls keinen Berufsabschluss.
Neben der beruflichen Qualifikation fehlen in der Regel die sprachlichen und schriftsprachlichen Fähigkeiten, die ein weiteres Vermittlungshemmnis darstellen. Daraus lässt sich ableiten, dass die vorgenannten Personenkreise den Fachkräftemängel nicht kurzfristig beheben werden. Vielmehr ist es ein Zugang in die Sozialsysteme.
Nach Auffassung von BÜNDNIS DEUTSCHLAND müssen deshalb die Lösungen umgesetzt werden, die kurzfristig eine Entlastung für das Sozialsystem darstellen und den Fachkräftemangel entgegenwirken.
Es darf auch nicht vergessen werden, das Bürgergeld bzw. Erwerbslosigkeit bei jedem Menschen auch andere Folgen auslösen kann. Psychische Erkrankungen und der Missbrauch Genussmitteln sowie die fragliche Vorbildfunktion für die Kinder, führen zu Kosten, die von der Versichertengemeinschaft der Sozialsysteme zu tragen sind, zu dem die Bürgergeldempfänger aufgrund der gesetzlichen Regelungen je Person nur unwesentlich beitragen und der Bund selbst diese Zahlungen nicht bzw. nicht in der maßgeblichen Höhe abführt.
Natürlich kann auch ein Arbeitgeber direkt gefördert werden, wenn dieser die Einarbeitung / Qualifizierung für die maßgebliche Tätigkeit übernimmt. Selbst ein Lohnkostenzuschuss von 100 % für die Dauer von 12 Monaten würde sich bei einer erwarteten Weiterbeschäftigung von weiteren 12 Monaten im Ergebnis als positiv für alle Beteiligten darstellen, da die Beträge für das eingesparte Bürgergeld, die Steuereinahmen und die Einnahmen der Sozialversicherung abgesetzt werden müssen. Nicht zu vergessen ist, dass die wiederhergestellte Erwerbsbiographie und das Erlernte auf jeden Fall erhalten bleiben und der Mensch fühlt sich wieder als solcher wertgeschätzt.
In der Gesamtbetrachtung bleibt festzuhalten werden, dass Bildungsmaßnahmen trotz der entstehenden Kosten gerade jetzt wichtig sind. Sie sind wie eine Investition, die bei erfolgreicher Vermittlung für alle Beteiligte eine „Gewinn“ bringen.
BÜNDNIS DEUTSCHLAND fordert den passgenauen „Zuschnitt“ der möglichen Hilfen, die der Einzelfall zur Integration in das Arbeitsleben benötigt. In Kenntnis der personellen Möglichkeiten der verantwortlichen Träger schlägt BÜNDNIS DEUTSCHLAND vor, die beauftragten Bildungsstätten in die Verantwortung zu nehmen und auch über den Zeitpunkt der Vermittlung in Arbeit hinaus, eine zeitlich befristete Nachbetreuung (z. B. Probezeit) zur Absicherung des Integrationserfolges zu gewährleisten.
Diese wichtige Aufgabe für unsere Gesellschaft, für den Industriestandort Deutschland und für die betroffenen Menschen selbst darf nicht am Geld scheitern. Es ist eine einmalige Chance für unser Land.