Der Bundesfachausschuss 1 spricht sich für eine bessere Koordination bei wichtigen strategischen Fragen und der Reaktion im Krisenfalle aus. Die Bezeichnung eines derart gestärkten Gremiums ist
zweitrangig. Sicherheit ist der Zustand, der frei von unvertretbaren Risiken und Gefahren ist.
Im Falle von Staaten (innere und äußere Sicherheit) umfasst dies unter anderem politische, militärische, ökonomische, soziale, rechtliche, kulturelle, ökologische und technische Sicherheit.
Die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist heute noch weniger als früher klar definierbar. War es vor etwas mehr als 20 Jahren noch so, dass äußere und innere Sicherheit recht klare Grenzen
hatten – ist nach Entwicklungen wie dem Schengener Durchführungsübereinkommen, die Anschläge am 11. September 2001, aber auch Corona und dem sich seit Februar 2022 ausgeweiteten Ukraine-
Krieg und daraus folgender Energie-Krise klar erkennbar, dass innere und äußere Sicherheit Schnittmengen und gemeinsame Bedrohungen haben.
In der Vergangenheit und auch heute noch war und ist es so, dass in den Bereichen der Sicherheitspolitik Innen/Außen, in den Ressorts des Auswärtigen Amtes, des Bundesverteidigungsministeriums, des Bundesinnenministeriums, des Bundesentwicklungshilfeministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums sowie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik in Form der Linienorganisation (Silo) gedacht und gearbeitet wird. Während in der Industrie und Wirtschaft längst die Notwendigkeit der übergreifenden Zusammenarbeit der „Stabstellen“ in Form einer Matrixorganisation erkannt und umgesetzt wurde – findet dies in der deutschen Politik nicht konsequent statt.
Der deutsche Bundessicherheitsrat ist ein Ausschuss ohne eigene Ressourcen und Entscheidungsmöglichkeiten. In den USA ist das National Security Council (NSC) hingegen eine Organisation mit Behördencharakter; in Österreich ist der Nationale Sicherheitsrat (NSR) das zentrale Beratungsgremium der Bundesregierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Der NSR in Österreich besteht u.a. aus dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, den Bundesministern für Inneres, für Justiz, für europäische und internationale Angelegenheiten sowie Mitgliedern der im
Nationalrat vertretenen politischen Parteien.
In Deutschland wird es unter der existierenden Regierung keinen NSR geben, so die aktuelle Entscheidung. Der Grund hierfür ist, dass die Regierung keine Einigung fand, ob er beim Kanzleramt oder dem Auswärtigen Amt angegliedert werden soll. Gleichwohl fordern auch FDP und CDU/CSU aktuell die Schaffung eines NSR – auch im Rückblick auf Corona und der Ukraine- sowie Flüchtlingsthematik sowie den Klimaschutz.
Es gab die Vorstellung eines Gremiums nach Vorbild des US-amerikanischen NSC, in welchem ressortübergreifend über alle Fragen der nationalen Sicherheit entschieden wird. Dieser NSC ist angesiedelt im Exekutivbüro des Präsidenten – was in Deutschland das Kanzleramt wäre. Deutschland hat jedoch kein Präsidialsystem, sondern ein parlamentarisches. In Berlin gibt es eine Koalitionsregierung und das Ressortprinzip.
Wie sieht die deutsche Sicherheitsarchitektur aus? In Deutschland gibt es den Bundessicherheitsrat sowie das Sicherheitskabinett.
Der Bundessicherheitsrat (BSR) befasst sich mit Fragen der Sicherheitspolitik, insbesondere der Verteidigung, Abrüstung, Rüstungskontrolle und der Genehmigung von Rüstungsexporten. Den Vorsitz hat der Bundeskanzler inne. Der BSR unterliegt nicht der Kontrolle des Parlaments und hat keine eigenen fachlichen Ressourcen. Durch die vornehmliche Limitierung auf Rüstungsexportfragen ist der BSR ungeeignet als Impulsgeber für eine deutsche allgemeine Sicherheitspolitik.
Das Sicherheitskabinett ist ein informelles Gremium, das sich im Bedarfsfall mit Fragen der äußeren und inneren Sicherheit beschäftigt. Einberufen wird das Sicherheitskabinett durch den Kanzler. Es handelt sich um eine gelegentlich stattfindende, informelle Gesprächsrunde ohne Befugnisse. Weitere Teile der Sicherheitsarchitektur sind das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) – beide vom Bundesinnenministerium ins Leben gerufen. BSI und ZITIS unterstützen die deutschen Sicherheitsbehörden, nicht durch Entscheidungen, sondern durch Beratung. Im BSI ansässig ist auch das Nationale Cyberabwehrzentrum in dem ebenfalls mehrere Bundesbehörden, inklusive des designierten Cyberund Informationsraumes (CIR) der Bundeswehr, vertreten sind.
Das GTAZ (Gemeinsame Terrorismus Abwehr Zentrum Bund und Länder) ist zuständig für die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus – hier fungieren 40 Behörden aus Polizei und Nachrichtendienst zusammen und tauschen Informationen aus, u.a. das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Zollkriminalamt, die Landeskriminalämter, die Generalbundesanwaltschaft sowie die Landesämter für Verfassungsschutz.
Es drängt sich die Frage auf, warum für andere sicherheitsrelevante Themen (kritische Infrastrukturen etc.) wenig bis keine ressortübergreifende Zusammenarbeit stattfindet – und –warum trotz der Tätigkeit des GTAZ z.B. die Frage des unkontrollierten Zustroms von Flüchtlingen immer noch eine Gefahr für die Sicherheit darstellt. Dies liegt wohl daran, dass die GTAZ und deren Beteiligte keinerlei Entscheidungskompetenzen haben und auch hier etwaige Lösungen seitens des zuständigen Ministeriums nicht umgesetzt werden. Fraglich ist, ob überhaupt Informationen an die Stellen weitergeleitet werden, die Entscheidungen treffen müssten.
Das GETZ (Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum nach Vorbild des GATZ) bekämpft politisch motivierte Kriminalität (Rechts- und Linksextremismus), Terrorismus und Spionage. In beiden Zentren sind überwiegend die gleichen Behörden vertreten. Der Sinn der Schaffung eines zweiten Zentrums anstatt der Aufstockung der Zuständigkeit des GTAZ erschließt sich nicht. Zumal keines der beiden Zentren eine eigene Leitung hat. Entscheidungen trifft jede beteiligte Behörde in eigener Zuständigkeit im Rahmen der für sie geltenden Gesetze.
Faktisch ist eine Konsolidierung der vorstehenden Bereiche unter dem bereits existierenden Bundessicherheitsrat sinnvoller als die Schaffung eines neuen Gremiums nationaler Sicherheitsrat, der zusätzlich zum BSR installiert würde. Ob man den Bundessicherheitsrat in diesem Zuge in Nationalen Sicherheitsrat umbenennt, ist eher marketingtechnisch als inhaltlich von Relevanz. Wichtig ist jedoch die bessere Koordination der Ministerien und Behörden und die Konzentration der Entscheidungsbefugnis bei wichtigen strategischen Fragen und in Krisenfällen.