Positionspapier 1-23-1
BÜNDNIS DEUTSCHLAND spricht sich für eine bessere Koordination bei wichti-gen strategischen Fragen und der Reaktion im Krisenfalle aus. Die Bezeichnung eines derart gestärkten Gremiums ist zweitrangig.
Sicherheit ist der Zustand, der frei von unvertretbaren Risiken und Gefahren ist. Im Falle von Staaten (innere und äußere Sicherheit) umfasst dies unter anderem die politische, militärische, ökonomische, soziale, rechtliche, kulturelle, ökologi-sche und technische Sicherheit.
Die Trennung von innerer und äußerer Sicherheit ist heute noch weniger als früher klar definierbar. War es vor etwas mehr als 20 Jahren noch so, dass äußere und innere Sicherheit recht klare Grenzen hatten – ist nach Entwicklungen wie dem Schengener Durchführungsübereinkommen, die Anschläge am 11. Septem-ber 2001, aber auch die Corona-Krise und dem sich seit Februar 2022 ausgewei-teten Russisch-ukrainischen Krieg und der daraus folgenden Energie-Krise klar erkennbar, dass innere und äußere Sicherheit Schnittmengen und gemeinsame Bedrohungen haben.
Wie auch in der Vergangenheit, ist es auch heute noch so, dass in den Bereichen der inneren und äußeren Sicherheitspolitik, in den Ressorts des Auswärtigen Amtes, des Bundesverteidigungsministeriums, des Bundesinnenministeriums, des Bundesentwicklungshilfeministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums sowie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik in Form der Linienorganisation (Silo) gedacht und gearbeitet wird. Während in der Industrie und Wirtschaft schon längst die Notwendigkeit der übergreifenden Zusammenarbeit der jeweiligen Stabstellen in Form einer Matrixorganisation erkannt und umgesetzt wurde, findet dies in der deutschen Politik noch immer nicht konse-quent statt.
Zustandsbeschreibung
Deutschlands Bundessicherheitsrat (BSR) ist ein Ausschuss ohne eigene Ressour-cen und Entscheidungsmöglichkeiten. In den Vereinigten Staaten ist das National Security Council (NSC) hingegen eine Organisation mit Behördencharakter; in Österreich ist der Nationale Sicherheitsrat (NSR) das zentrale und ständige Beratungsgremium der Bundesregierung in Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Der österreichische NSR besteht u.a. aus dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, den Bundesministern für Inneres, für Justiz, für europäische und internationale Angelegenheiten sowie Mitgliedern der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien. Eine löbliche Variante. In Deutschland hingegen wird es unter der existierenden Regierung keinen Nationalen Sicherheitsrat geben, so die aktuelle Entscheidung. Der Grund hierfür ist, dass die Regierung keine Einigung dahinge-hend fand, ob er im Kanzleramt oder beim Auswärtigen Amt angegliedert wer-den sollte. Gleichwohl fordern auch FDP und CDU/CSU aktuell die Schaffung eines NSR – auch mit Blick auf die Herausforderungen durch die Corona-Lage und den Russisch-ukrainischen Krieg mit dessen Flüchtlingsthematik sowie den Kli-maschutz.
Es gibt die Vorstellung eines Gremiums nach Vorbild des US-amerikanischen NSC, in welchem ressortübergreifend über alle Fragen der nationalen Sicherheit entschieden wird.
Der NSC ist angesiedelt im Exekutivbüro des Präsidenten – was in Deutschland das Bundeskanzleramt wäre. Deutschland hat jedoch kein Präsidialsystem, son-dern ein parlamentarisches. In Berlin gibt es eine Koalitionsregierung und das Ressortprinzip.
Deutschlands oberste Sicherheitsarchitektur
In der Bundesrepublik Deutschland existieren der Bundessicherheitsrat (BSR) so-wie das Sicherheitskabinett.
Der BSR befasst sich mit Fragen der Sicherheitspolitik, insbesondere der Vertei-digung, Abrüstung, Rüstungskontrolle und der Genehmigung von Rüstungsex-porten. Den Vorsitz hat der Bundeskanzler inne. Der BSR unterliegt nicht der Kontrolle des Parlaments und hat keine eigenen fachlichen Ressourcen. Durch die vornehmliche Limitierung auf Rüstungsexportfragen, ist der BSR ungeeignet als Impulsgeber für eine deutsche allgemeine Sicherheitspolitik.
Das Sicherheitskabinett ist ein informelles Gremium, das sich im Bedarfsfall mit Fragen der äußeren und inneren Sicherheit beschäftigt. Einberufen wird das Si-cherheitskabinett durch den Kanzler. Es handelt sich um eine gelegentlich statt-findende, informelle Gesprächsrunde ohne Befugnisse.
Weitere Teile der Sicherheitsarchitektur sind das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS); beide vom Bundesinnenministerium ins Leben ge-rufen. BSI und ZITIS unterstützen die deutschen Sicherheitsbehörden in beraten-der Funktion. Im BSI ansässig ist auch das Nationale Cyberabwehrzentrum in dem ebenfalls mehrere Bundesbehörden, inklusive des Cyber- und Informati-onsraumes (CIR) der Bundeswehr, vertreten sind.
Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) ist zuständig für die Be-kämpfung des islamistischen Terrorismus. Hier sind 40 polizeiliche und nachrich-tendienstliche Behörden verzahnt und tauschen Informationen aus, darunter das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Zollkriminalamt, die Landeskriminalämter, die Generalbundesanwaltschaft sowie die Landesämter für Verfassungsschutz.
Für BÜNDNIS DEUTSCHLAND stellt sich die Frage, warum für andere sicherheits-relevante Bereiche, z. B. für die kritischen Infrastrukturen, wenig bis keine ress-ortübergreifende Zusammenarbeit stattfindet und sich der migrantische Zustrom – trotz der Tätigkeit des GTAZ – noch immer als eine Gefahr für die Sicherheit darstellt.
Aus Sicht von BÜNDNIS DEUTSCHLAND begründet es sich auch darin, dass das GTAZ keinerlei Entscheidungskompetenzen besitzt und auch hier etwaige Lösungsansätze seitens der zuständigen Bundesministerien nicht umgesetzt werden. Fraglich ist, ob überhaupt Informationen an die Stellen weitergeleitet werden, die Entscheidungen zu treffen hätten.
Das Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) – nach Vorbild des GTAZ organisiert – bekämpft politisch motivierte Kriminalität (Rechts- und Linksextremismus), Terrorismus und Spionage. In beiden Zentren sind überwiegend dieselben Behörden vertreten. Der Sinn der Schaffung eines zweiten Zentrums anstatt der Aufstockung der Zuständigkeit des GTAZ er-schließt sich für BÜNDNIS DEUTSCHLAND nicht, zumal keines der beiden Zentren eine eigene Leitung hat. Entscheidungen trifft jede beteiligte Behörde in eigener Zuständigkeit im Rahmen der für sie geltenden Gesetze.
Ansatz von BÜNDNIS DEUTSCHLAND
Für BÜNDNIS DEUTSCHLAND ist die Stärkung der vorgenannten Bereiche unter dem bereits existierenden Bundessicherheitsrat sinnvoller als die Schaffung eines neuen Gremiums, das zusätzlich zum BSR installiert würde. Eine Umbenen-nung des Bundessicherheitsrats in Nationaler Sicherheitsrat wäre allenfalls marketingtechnisch relevant, nicht aber inhaltlich.
BÜNDNIS DEUTSCHLAND setzt auf eine bessere Koordination der Ministerien und Behörden und die Konzentration und den Ausbau der Entscheidungsbefugnisse bei wichtigen strategischen Fragen und in Krisenfällen.