Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 15.11.2023 das Nachtragshaushaltsgesetz 2021 als mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt hat, plant die Bundesregierung den nächsten Verfassungsbruch. Die Koalition hatte im Rahmen der Pandemie bewilligte, aber nicht benötigte Mittel in Höhe von € 60 Mrd. rückwirkend in ihren Klimafonds transferiert. Dieses Vorgehen hat das Bundesverfassungsgericht als unzulässig eingestuft, da kein Zusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation (hier: Pandemie) und den angeblich notlagenbedingten Kreditaufnahmen (für Klimafolgen) besteht. Denn die durch die „Schuldenbremse“ festgelegten Kreditobergrenzen dürfen nur im Falle von „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“, überschritten werden.
Da nunmehr auch der Haushalt des fast abgelaufenen Jahres 2023 ohne zusätzliche Kreditaufnahmen nicht zu finanzieren ist, hat die Bundesregierung einfach eine „Notlage“ konstruiert, um die Schuldenbremse umgehen zu können. Als Gründe gibt die Regierung Ahrtalflut von 2021 an und die angeblich gestiegenen Energiepreise im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Es ist wenig glaubwürdig, wenn eine Regierung ein mehr als zwei Jahre zurückliegendes Ereignis am Ende eines Haushaltsjahres als Grund für eine Kreditüberschreitung „entdeckt“. Ebenso stellt der Ukraine-Krieg keine „außergewöhnliche Notsituation“ im Sinne des Art. 115 GG dar. Diese „außergewöhnliche Notsituation“ war bereits bei Kriegsbeginn nicht gegeben, umso weniger jetzt. Hinzu kommt, dass ein Energiemangel nicht durch den Krieg verursacht wurde, sondern durch die Regierung, die beschlossen hat, Energieimporte von Russland zu beenden und drei Kernkraftwerke abzuschalten. Der Energiemangel entzog sich daher keineswegs staatlicher Kontrolle, sondern wurde vielmehr durch diesen Staat selbst aktiv herbeigeführt. Auch die geplante Beteiligung Deutschlands am Wiederaufbau der Ukraine ist Gegenstand einer politischen Entscheidung, die sich daher gerade nicht der Kontrolle der Regierung entzieht. Die Regierung hat nicht die Absicht, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anlass zu nehmen, am laufenden Haushalt Einsparungen vorzunehmen, sondern plant, die durch das Gericht untersagte zusätzliche Neuverschuldung durch einen weiteren Verfassungsbruch zu ermöglichen.