Kurzfassung:
Deutschlands Verteidigungspolitik muss wieder glaubwürdig werden: national durch eine zügige, umfassende und solide finanzierte Reform der Bundeswehr und ihres Beschaffungswesens, und im Bündnis durch einen schrittweisen Ausbau der Interoperabilität durch europaweite Harmonisierung von Waffen und Ausrüstung.
Im Einzelnen:
Angesichts verschärfter regionaler und globaler Bedrohungen muss Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit deutlich stärken: zum effektiven Schutz seiner Landesgrenzen, wie vom Grundgesetz gefordert, zur Erfüllung seiner Bündnisverpflichtungen, und zur Teilnahme an NATO-, UNO- oder EU-Einsätzen. Eine starke deutsche Verteidigungspolitik ist für Deutschland und Europa von zentraler Bedeutung: Sicherheitsrisiken verschiedenster Art und Dynamik verlangen schnelle und effektive Antworten, was mittelfristig auch bedeutet: Einheitliche, austauschbare Waffensysteme im Bündnis, europäische Interoperabilität, schnelle Eingreiftruppe, z.B. weitere Bataillone für kurze Auslandseinsätze wie im Baltikum.
Hierzu muss Deutschland seine Verteidigungsausgaben nachhaltig erhöhen. Das Anfang 2022 unter dem Eindruck des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine beschlossene “Sondervermögen Bundeswehr” setzte ein richtiges Zeichen für mehr Geld, bessere Ausrüstung und schnellere Einsatzbereitschaft; es wurde jedoch durch die in ihrem Amt überforderte, inzwischen entlassene Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht nicht umgesetzt. Im regulären Bundeshaushalt sind zusätzlich jährliche Mehrausgaben vorzusehen statt der bisher drohenden Mittelkürzungen. Wie die übrigen NATO-Mitglieder muss Deutschland ab sofort, wie vereinbart, mindestens 2% seines
Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Verteidigungsausgaben zum Ausbau der gemeinsamen Sicherheit leisten. Die NATO-Norderweiterung um Finnland und Schweden, die wir begrüßen, wird das Bündnis weiter stärken, aber auch zusätzliche Herausforderungen bringen.
Deutschland muss seine Bereitschaft und Fähigkeit erhöhen, sich an NATO-, UNO-oder EU-geführten Einsätzen und Missionen zu beteiligen und so seiner Verantwortung als einer führenden europäischen Nation gerecht werden, wie es unsere europäischen und transatlantischen Partner von uns erwarten, die ihrerseits seit Jahrzehnten zu unserem Schutz beitragen.
Die Beziehungen zu den USA als unserem wichtigsten Partner müssen gepflegt und ausgebaut werden. Ihr nuklearer Schutzschild ist und bleibt – gerade auch mit Blick auf die russische Aggressionsagenda – ein elementarer Baustein unserer Sicherheit. Eine starke transatlantische Partnerschaft ist auch angesichts der wachsenden globalen Bedrohungen geboten.
Wir bekennen uns zur Fokussierung, Vernetzung und Stärkung bestehender NATO-Strukturen und eine darauf aufbauende schrittweise europäische Vereinheitlichung von Waffensystemen, Munition, Ausrüstung und Beschaffungswesen, auch wegen der damit verbundenen Kosteneffizienz. NATO und EU schaffen so mittelfristig Synergien, um im Sinne europäischer Interoperabilität Bedrohungen koordiniert bewältigen zu können. Ihre Landesverteidigung sollten die europäischen Staaten jedoch zunehmend eigenständig gewährleisten. Wir wollen europäischer werden und gleichzeitig transatlantisch bleiben.
Priorität muss daher die lange überfällige Reform unserer Streitkräfte haben: Die Bundeswehr muss jetzt ohne weitere Verzögerung grundlegend erneuert und ertüchtigt werden. Sie braucht eine fähige Führung, von der Ministerebene abwärts – Bundesverteidigungsminister Pistorius hatte einen guten Start -, mehr und besser ausgebildetes Personal, ein effizienteres Beschaffungswesen mit kurzen Verfahren und klaren Entscheidungssträngen, moderne Ausrüstung sowie funktionsfähiges Großgerät mit ausreichendem Vorrat an Ersatzteilen und Munition. Für die Teilnahme an internationalen Missionen benötigt sie eine nationale strategische Lufttransportkomponente.
Wir bekennen uns zur elementaren Bedeutung des Kommando Spezialkräfte (KSK). Es muss auch für den effektiven Schutz im Ausland in Not geratener deutscher Staatsbürger stets voll funktionsfähig gehalten werden und ohne ideologische oder politische Vorgaben und ohne bürokratische oder strukturelle Hemmnisse agieren können.
Für den Fall einer Wiederaufnahme der seit über zehn Jahren ausgesetzten Wehrpflicht, wäre mit mehrjährigem Vorlauf für das notwendige Personal und die entsprechende Infrastruktur zu sorgen. Das Weißbuch der Bundeswehr von 2016 sollte umgehend gemäß den neuen Prioritäten und realistischen Zielsetzungen aktualisiert werden. Neben dem Ausbau militärischer Fähigkeiten erfordert eine erfolgreiche Verteidigungs- und Sicherheitspolitik auch die Stärkung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit bei uns, unseren Verbündeten und darüber hinaus.