Das Verbot von Autos mit Verbrennungsmotor ist kontraproduktiv – ökologisch und ökonomisch
Die EU hat beschlossen, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden sollen. Hierdurch soll ein Beitrag zum Klimawandel geleistet werden. Doch wie sinnvoll und umsetzbar ist dieser Beschluss? Es sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen:
1) Die Technologie – Verschiedene Nutzungsprofile erfordern unterschiedliche Lösungen
Das Elektroauto bietet bei nüchterner Betrachtung in der Tat einige Vorteile. Das Drehmoment lässt jeden Verbrenner an der Ampel alt aussehen. Der Motorraum kann zu zusätzlichem Stauraum umfunktioniert werden und die Effizienz von Elektromotor und Batterie erreicht fast 90%. Das ist mehr als doppelt so hoch wie die effizientesten Dieselmotoren. Die technologische Komplexität ist deutlich geringer, Wartungsintervalle können deutlich verlängert werden und Dinge wie Ölwechsel gehören der Vergangenheit an. Lösungen für das Reichweitenproblem sind technologisch in Reichweite und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Reichweiten von über 500 km zum Standard bei den Elektroautos gehören werden. Auch die Rohstoffproblematik ist prinzipiell lösbar, Ersatzrohstoffe, die das knappe Lithium in den Batterien ablösen sollen, sind bereits in der Entwicklung und teilweise kurz vor der Serienreife. Auch ist davon auszugehen, dass aufgrund von Skaleneffekte der Preisnachteil bei der Anschaffung kleiner werden wird.
Elektroautos sind aber keinesfalls im Unterhalt automatisch günstiger. In den Vergleichsrechnungen sind zumeist davon ausgegangen, dass Elektroautos zum normalen Strompreis daheim (oder noch günstiger, wenn bereits eine Solaranlage auf dem Hausdach installiert ist) geladen werden können. An den öffentlichen Ladestationen, insbesondere an den Autobahnen werden deutlich höhere Strompreise aufgerufen. Hinzu kommen der enorme Wertverlust und horrende Versicherungskosten. Die ökonomische Sinnhaftigkeit ist im Einzelfall gegeben – oder halt nicht.
Die Subventionierung der Anschaffung von Elektroautos hat massive Mitnahmeeffekte erzeugt. Nicht nur profitierten ausländische Autohersteller erheblich von der E-Auto Prämie, es wurden auch geförderte E-Autos in Deutschland gekauft und sofort in andere EU-Länder exportiert. So war die Prämie bestimmt nicht gedacht.
2) Ökologischer Fußabdruck
Elektroautos erzeugen keine lokalen Emissionen, sind aber keinesfalls emissionsfrei. Zunächst einmal ist die Ökobilanz bei der Herstellung deutlich schlechter als bei Verbrennern. E-Autos bringen ab dem ersten Kilometer einen erheblichen “CO2 Rucksack” mit. Berechnungen, u.a. von Hans-Werner Sinn, zeigen, dass ein Diesel im Vergleich zu einem Elektroauto im Deutschen Strommix erst spät in seinem Lebenszyklus mit dem CO2-Fußabdruck eines Elektroautos gleicher Klasse gleichzieht, in seiner Berechnung ab einer Fahrleistung von 219.000 km.
Auch die Frage, aus welchen Energieträgern der Strom produziert wird, ist noch nicht abschließend gelöst. Bis auf weiteres (selbst die Bundesnetzagentur warnt vor der Abschaltung der deutschen Kohlekraftwerde im Jahr 2030) werden Elektroautos in Deutschland mit „dreckigen“ Strom betrieben, d. h. eine CO2-Einsparung ist selbst über die Gesamtnutzungsdauer des Elektroautos sehr fraglich.
Neben dem CO2 sind für eine Ökobilanz auch andere Faktoren wie Rohstoffverbrauch, Energieintensität, Wasserverbrauch und nicht zuletzt die Entsorgung zu berücksichtigen. In der Gesamtbetrachtung steht das E-Auto längst nicht so gut da, wie von der Politik suggeriert wird. Eine Rechtfertigung für ein Verbot von Verbrennern lässt sich daraus jedenfalls nicht ableiten.
3) Die Machbarkeit – auch eine Frage der Infrastruktur
Die politische Diskussion vernachlässigt die Voraussetzungen, die nötig sind, um eine Flotte von Elektroautos, die im Verkehr der Zukunft die Mehrheit stellen soll, richtig zu versorgen.
Laut Kraftfahrtbundesamt sind in Deutschland 59 Millionen Kfz zugelassen. Diese werden durch 14107 Tankstellen versorgt. Eine Tankstelle bedient somit im Schnitt 4180 Fahrzeuge, welche 1–2-mal pro Monat zum Tanken vorbeikommen. Das funktioniert nur deshalb, weil jedes Auto nur wenige Minuten braucht, um vollzutanken und danach wieder Platz macht für nachfolgende Autos.
Das Tanken mit Elektroautos ist deutlich komplizierter. Die langen Ladezeiten blockieren die Ladesäulen, so dass deutlich mehr Ladestationen erforderlich sind. Möchte man die Ladezeiten verkürzen, müssen die elektrischen Zuleitungen zu den Elektrotankstellen entsprechend vergrößert werden. Die schnellsten Ladestationen, die ein Elektroauto in 15 Minuten auf 80% aufladen können, brauchen je Station 250 kW Leistung. Bei 4 Ladesäulen sind das bereits 1MW!
Die höheren Ladezeiten werden zu Stoßzeiten, also in den Morgen- und Abendstunden, zu längeren Warteschlangen führen, ein Phänomen, dass sich schon jetzt an den Tesla Stromtankstellen bemerkbar macht. Anders als bei fossilen Kraftstoffen, wo die Tanks dezentral und asynchron aufgefüllt werden und Autos jederzeit an einzelnen Tankstellen tanken können, ohne dass es andere Tankstellen betrifft, ist das Tanken von Strom immer etwas, was sich auf das Gesamtnetz auswirkt. Es muss nämlich zu jeder Zeit genauso viel Strom produziert werden, wie gerade entnommen wird. Verbrauchspeaks schlagen damit sofort auf das Stromnetz durch und führen zu erheblichen Risiken für die Netzstabilität.
Soll das Laden nicht an der Tankstelle erfolgen, sondern am Stellplatz (Arbeit) oder zuhause in der Garage, müssen entsprechend viele Ladestationen gebaut werden. Diese Ladestationen können kleiner dimensioniert werden, da deutlich mehr Ladezeit zur Verfügung steht. Allerdings kostet jede zusätzliche Ladestation Geld, nicht viel weniger als das Elektroauto selbst. Und längst nicht alle Menschen in Deutschland haben einen Stellplatz, geschweige denn eine Garage. Natürlich brauchen auch die ganzen langsamen Ladestationen, allein aufgrund ihrer Anzahl, zusätzliche Investitionen. Je weniger Autos eine einzelne Ladestation bedienen kann, desto weniger rentiert sich die Investition. Das ist der Grund, warum es viel zu wenige Ladestationen für Elektroautos gibt. Das Problem wird sich mit steigender Anzahl der Elektrofahrzeuge noch weiter verschärfen.
Ein Elektroauto je Straße in einer Altbau Gemeinde mag noch funktionieren, aber spätestens, wenn es ein Dutzend in einer Straße werden, macht die Leitungsinfrastruktur nicht mehr mit. Es ist jetzt schon so, dass die Energieversorger den Einbau von Wärmepumpen in Altbauvierteln begrenzen, da die Leitungen nicht ausreichen. Elektroautos wären ein zusätzlicher Verbraucher je Haushalt, additiv zur Wärmepumpe. Die Stromrationierung zum Laden von Elektroautos in den Niederlanden ist ein warnendes Beispiel, was Deutschland bevorsteht.
Laut Bundesrechnungshof müssen für die Energiewende über 93.000 km Leitungen neu verlegt, bzw. ausgebaut werden, ein großer Teil davon nicht Überlandleitungen, sondern Leitungen in den Gemeinden. Ein Kilometer Freilandleitung kostet etwa 1 Mio. Euro, bei unterirdischen Leitungen geht es um 4-16 Mio. Euro je Kilometer. Wir sprechen also von Hunderten von Milliarden allein für den Leitungsausbau.
4) Die Relevanz für die deutsche und europäische Automobilindustrie
Bei den deutschen Autoherstellern macht sich bereits die Einsicht breit, die der Politik noch bevorsteht: Das Aus für Autos mit Verbrennungsmotor im Jahr 2035 ist Wunschdenken. Lediglich Volkswagen bleibt hinsichtlich des zeitnahen vollständigen Umstiegs auf Elektroautos standhaft, aber hier ist auch die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen im Aufsichtsrat vertreten. Selbst die Tochterfirma Skoda setzt sich ab. Gleichwohl: auf wichtigen Absatzmärkten, insbesondere in China werden die deutschen Hersteller nur mit konkurrenzfähigen Elektroautos bestehen können. Zugleich attackieren chinesische Hersteller zunehmend die europäischen Märkte für Elektroautos, inklusive des deutschen. Der Standort Deutschland kann somit Elektromobilität nicht aussitzen! Allerdings: die deutschen Hersteller können mit Verbrennerfahrzeugen die Forschung, Entwicklung und Produktion von Elektroautos querfinanzieren.
5) Fazit
Das von der EU beschlossene Aus für neue Autos mit Verbrennungsmotor gehört abgeschafft. Insbesondere in Deutschland leistet das Verbot keinen Beitrag zur CO2-Reduzierung, wohl aber zur nachhaltigen Beschädigung des Wirtschaftsstandortes. Wenn die Politik Elektromobilität fördern will, dann sollte sie anstelle von Subventions-Strohfeuern die Autohersteller beispielsweise beim Zugang zu den Beschaffungsmärkten und in der Grundlagenforschung unterstützen und eine klimafreundliche sowie bezahlbare Energieversorgung inklusive Kernenergie sicherstellen.
Im Sinne von Demokratie und Technologieoffenzeit sollte den Autokäufern überlassen werden, welche Antriebstechnologie sie für ihr Auto bevorzugen.